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HiFi Studio Wittmann Allgäu Raum 2
Im Allgäu hat sich der Stuttgarter HiFi-Händler Oliver Wittmann einen Traum erfüllt: ein HiFi-Studio der ganz besonderen Art (Foto: Wittmann)

The Art of Horn: das HiFi Studio Wittmann im Allgäu

“Du musst immer weiterfahren. Selbst, wenn du denkst, hier ist das Ende der Welt doch längst erreicht: Vertrau dem Navi und fahr weiter.” Ich hatte die Worte vom Ex-Kollegen Marius Dittert noch gut im Ohr, als mich das Navi noch um jene Ecke und über diesen Feldweg pilotierte. Marius Dittert, der bis vor Kurzem noch für Audio und stereoplay schrieb, verstärkt seit einigen Wochen das Team von Oliver Wittmann und natürlich war er schon oft vor Ort – er musste es wissen. Also schob ich alle Zweifel beiseite. Die Landschaft war wunderschön, die Berge strahlten im Sonnenlicht und da hinten funkelte die Oberfläche eines Sees. Aber wo, bitte schön, soll hier ein HiFi-Studio sein? “Das Ziel befindet sich rechts”, meldete sich das Navi wieder zu Wort. Rechts stand ein auf hübsch gemachtes, riesiges Bauernhaus. Vor dem Bauernhaus ein ziemlich aufgeräumter Oliver Wittmann. Ich war am Ziel.

Wittmann HiFii Anwesen
Oliver Wittman vor seinem Allgäuer HiFi Studio (Foto: H. Biermann)

Das Haus selbst ist viel größer als es auf diesem Bild den Anschein hat, und beherbergt neben zwei ausgewachsenen Wohnungen und einem HiFi-Studio auch noch vier Ferienwohnungen. Es ist also Platz vorhanden. Aber den hätte es womöglich auch woanders gegeben: Die Sensation ist hier die Lage: Die Berge sind nah, der Haldensee, ein ausgewiesener Badesee, noch viel näher. Nebenan grasen die Kühe, weiter hinten laufen Pferde. Man muss ein Barbar sein, wenn man sich nicht augenblicklich in diesen Ort verliebt…

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HiFi Studio Wittmann Allgäu Anwesen
Blick von der Stirnseite: Der Haldensee ist kaum einen halben Kilometer entfernt (Foto: H. Biermann)
HiFi Studio Wittmann Allgäu Anwesen
Wohl dem, der solch einen schönen Garten hat (Foto: H. Biermann)
HiFi Studio Wittmann Allgäu Anwesen
Die Stirnseite vermittelt in etwa die Größe des Hauses (Foto: H. Biermann)
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Wittman erlag dem Reiz des Ortes und konnte wegen der Hausgröße gleich seinen zweiten Traum mit umsetzen: Ein nobles HiFi Studio, für dessen Besuch sich der geneigte Besucher wegen der Exklusivität und Lage natürlich vorher anmelden muss. Zur Erinnerung: Oliver Wittmann ist der erfolgreichste Stuttgarter HiFi-Händler, der mit seinem Laden in Stuttgart Botnang seit 1993 verlässlich und mit ausgesuchtem HiFi die audiophile Kundschaft bedient.

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Wittman schafft es in seinem Allgäuer Studio, die besondere Stimmung der Landschaft auch in den Räumen aufzunehmen (Foto: Wittmann)

Aber das HiFi Studio Wittmann im Allgäu ist nicht einfach nur eine Verlängerung des Stuttgarter Ladens in den Süden. Hier ist alles etwas feiner, schöner, vor allem aber entspannter. Wittman: “Ich habe so viele Kunden, die nicht abschalten können. Schon nach wenigen Minuten müssen sie bei den Musikstücken springen oder gleich wieder los. Doch hier im Allgäu kommen alle runter. Selbst die Zappeligen werden gelassener und hören die Musik bis zum Ende.”

Das liegt sicherlich am Ort, der auch den Stuttgarter Händler immer wieder runterkommen lässt: Wittmann:” Ich hätte in Stuttgart mit den ständig wechselnden Anlagen niemals die Möglichkeit gehabt so tief einzutauchen und so viel zu testen wie hier im Allgäu.Für mich ist hier ein Ort der Vertiefung.”

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Das analoge Thema ist ein Schwerpunkt im Wittmann’ schen HiFi/High End-Kosmos (Foto: Wittmann)

Die größere Ruhe bietet auch die Gelegenheit, sich mit den analogen Themen noch intensiver auseinanderzusetzen. Im beschaulichen Isny hat Wittmann eine große Auswahl feinstes Analogequipment versammelt. Zum Beispiel Laufwerke und Tonarme von: Linn, Brinkmann, Thales, EMT, Acoustic Signature, Luxman und Dr. Feickert. Und natürlich sehr viele verschiedene Phonostufen und Tonabnehmer. Zudem hat er hier seine private Plattensammlung mit über 2000 Scheiben untergebracht. Das fühlt sich alles wunderbar analog an.

Aber man findet auch hier hier die ganze Phalanx der noblen Elektronik, die er auch im Stuttgarter Stammladen anbietet. Und natürlich auch die Komponenten für ein weiteres Wittmann’sches Steckenpferd – das Streaming. Wittmann: “Ich habe mich hier erstmals intensiv mit Streaming auseinandergesetzt. Streaming über Qobuz, mit roon, audiophile Switches, USB Kabel, LAN-Kabel ich habe wirklich alles hoch und runter selbst probiert und optimiert. Dabei wurde ich zum totalen Innuos Fan. Was die fürs Geld bieten, ist der Hammer.”

In allen Gerätegattungen findet man hier eine erefreuliche Auswahl, doch beim Lautsprecher wird es speziell. Denn in allen Showroom sind nur die Hörner von Avantgarde Acoustic aufgebaut. Als ich das sah, stand mir erst ein riesiges Fragezeichen ins Gesicht geschrieben: Könnte man in einer solchen traumhaften Umgebung nicht auch die schönen Schallwandler von Burmester oder Franco Serblin vorführen?

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Wittman mag diese Hörner wirklich. Wenn er über ihre Fähigkeiten spricht, wird er euphorisch. Hier die Trio in der Ausbaustufe mit vier Bass-Modulen (Foto: H. Biermann)

Doch, doch, sagt Witmann. Aber die Konzentration auf diese Marke sei absolut erfolgreich. Und einmal in Fahrt, kommt der Schwabe ins Schwärmen. “Ich kenne keinen Lautsprecher, der leise wie laut gleichermaßen so perfekt klingt. Die aktive Basseinheit mit ihren vielen Filtern versetzt mich in die Lage, selbst in kleinen Räumen einen perfekten Klang zu zaubern. Und hier habe ich natürlich alle Möglichkeiten. Die Leute kommen von sonst wo her, um die Avantgardes bei mir zu hören.”

Ich persönlich hatte ja schon oft Avantgarde gehört. Deshalb warf ich zaghaft ein, dass mein Verhältnis immer etwas distanziert geblieben sei: Einfach, weil in meinen Ohren die Odenwalder Hörner meist zu direkt und zu kantig klangen. Lautstarker Protest von Wittmann und dem ebenfalls anwesenden Marius Dittert: “Das muss überhaupt nicht kantig klingen. Man muss sich nur etwas Mühe bei der Ein- und Aufstellung geben.”

Das hatten die beiden offensichtlich getan. Das Trio-System im großen Raum klang völlig harmonisch; die drei Hörner agierten zusammen mit dem riesigen Bass-System wie aus einem Guss. Wittman begann seine Demo mit dem Anfang von Andreas Vollenweiders “Caverna Magica”, wo ein zwei Menschen durch eine Höhle streifen und allerlei Geräusche um sie herum zu hören sind. Die Trios nagelten jedes einzelne Geräusch (etwa das Wassertropfen) mit einer solch feinen Genauigkeit in den Raum, dass ich erst einmal verblüfft war und ich über Wittmans Gesicht ein zufriedenes Lächeln huschen sah: “Die meisten Leute sind so überrascht wie du.”

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Marius Dittert (rechts) kümmert sich seit Sommer diesen Jahres mit um den Stuttgarter Stammladen sowie um die Öffentlichkeitsarbeit beim HiFi Studio Wittmann (Foto: H. Biermann)

Ich war vor allem darüber erstaunt, dass hier überhaupt keine Schärfen vorhanden waren. Stimmen oder akustische Instrumente kamen zwar mit der dynamischen Leichtigkeit eines großen Hornsystems, aber die akustische Geschlossenheit hätte auch zu einem britischen Monitor gehören können. Wir trieben die Prüfung mit verschieden Stücken auf die Spitze. Bei David Gilmours “Shine On You Crazy Diamond” klang die Gitarre absolut echt und hing überlebensgroß unter der Decke – gerade so, als hätten wir die Blu-ray der Live-Aufnahme eingelegt, wo die Kamera minutenlang auf das Instrument zoomt.

Ich stöberte dann noch in meiner Playlist, wo ich seit geraumer Zeit “Tyna Jama” von Orange eingepflegt hatte. Das kannten meine beiden Mithörer noch nicht und ich bat Wittmann um etwas mehr Pegel. Nein, noch mehr… Es folgte ein Klangbad der anderen Art: Die Congas und das Didgeridoo kamen sehr, sehr laut, absolut klar, unverzerrt und die Abbildung der Aufnahme war trotz des immensen Pegels mit einer Tiefenstaffelung gesegnet, die nur die wenigsten Lautsprechersysteme in dieser Perfektion hinbekommen. Ich war ziemlich baff und Marius Dittert kommentierte das mit den Worten: “Brutal, was das für eine Kraft hat.”

Allein für diesen Moment hatte sich die lange Anfahrt gelohnt: Ein Avantgarde-System mal richtig ausgereizt zu hören, war mir bislang nicht vergönnt gewesen, aber hier stimmte alles: Klang, Ambiente, Wohlfühl-Faktor. Unabhängig davon, ob man sich so ein System leisten kann – allein schon für die Inspiration ist so ein Ausflug ins Wittmann’sche Allgäu-Domizil einige Mühe wert.

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Die Werkstatt betreibt Wittmann nur aus Interesse – nicht für die Reparaturen. Hier findet man Schätzchen aus den letzten 50 Jahren HiFi. Aber hier werden auch auch die analogen Laufwerke mit den perfekten Mess- und Einstellmöglichkeiten justiert (Foto: H. Biermann)

Nach der sehr eindrücklichen Demo zeigte mir Wittman noch seine Werkstatt, wo er viel Geräte einfach aus Interesse auseinandernimmt. Was nur die Wenigsten wissen: Der Mann war in seinem ersten Leben Service-Leiter bei Klein & Hummel. Er lässt es nicht raushängen, aber bei konkreten Fragen merkt man schnell: Von Technik versteht der Mann ziemlich viel.

Im Allgäu paart sich dieses Wissen mit einer klugen Auswahl feinen HiFis, der grandiosen Umgebung, die alles entspannter werden lässt, und viel Leidenschaft, die beim Wittman-Team deutlich wird. Ein guter Ort, an dem HiFi anders gedacht und vorgeführt wird als in den klassischen Läden und der schon beim Eintreten dazu einlädt, was doch eigentlich der Sinn des ganzen HiFi-Zirkus ist: entspannt und sehr gut Musik zu genießen. Hier bin sicherlich nicht das letzte Mal gewesen…

Und für alle, die ebenfalls mal diesen Allgäuer HiFi-Traum erleben, aber die weite Reise über Stock und Stein nicht vergebens machen wollen, hier die Kontaktdaten:
Tel.: 0711 – 69 67 74, E-Mail: [email protected]

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.