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Kristin Asbjørnsen „Hjemveier“
Kristin Asbjørnsen macht einen schönen Mix aus Nordic Jazz und Weltmusik. Vor allem aber hat sie fantastische Tonmeister: „Hjemveier“ ist unsere audiophile Empfehlung der Woche (Foto: Hans Frederik Asbjørnsen)

Kristin Asbjørnsen „Hjemveier“: das audiophile Album der Woche

Kristin Asbjørnsen „Hjemveier“: Ein Album nordischen Gemüts mitten im Sommer? Was auf den ersten Ohren-Blick nicht leicht vereinbar scheint, hört sich kurz darauf sogar sehr passend an. Zumal da auch reichlich Vorurteile mitteleuropäischer Bürger mitschwingen dürften, wie die Skandinavier denn angeblich so sind. Denn in Norwegen oder Schweden passt die feinfühlige Gediegenheit und Relaxedheit durchaus prima zum naturnahen Mittsommer-Feeling.

Insofern laden die Melodien von „Hjemveier“ ein zur – in alter sprachweise – Einkehr, um zur Ruhe kommen. Anders formuliert breitet sich mit den zwölf Stücken der Norwegerin eine gechillte, schwerelose Ruhe aus, die eine innere Wärme zu erzeugen vermögen. Dazu trägt bei, dass die Norwegerin ihre Songs nicht wie früher (zum Beispiel auf „Traces Of You“ von 2018) auf Englisch, sondern in ihrer Heimatsprache intoniert. Besser so.

Klavier, Gitarre, afrikanische Kora und Gaststimmen (Suntou Susso, Monica Ifejilika) formen einen schillernden Dialog im Spannungsfeld zwischen nordischem Liedgut, Jazz und sakralen Momenten – Kristin ist schließlich auch Pfarrerstochter. Die 53-Jährige ist bereits seit über 30 Jahren in der norwegischen Musikszene aktiv, in Trondheim studierte sie Jazz-Gesang, um später in der Jazz-Rockband Dadafon und im Vokalensemble Kvitretten Erfahrungen zu sammeln. 2022 erhielt sie den Auftrag Stücke für das Festival in Oslos „Cosmopolite Scene“ aufzuführen. Eine Handvoll davon finden sich nun auf „Hjemveier“.

Die Musik von Kristin Asbjørnsen „Hjemveier“

Zunächst zum guten Ton: Das Klangbild inszenierten die Aufnahme-, Mastering- und Mixing-Leute mit einem audiophilen Händchen: Die Auflösung klasse, die Feindynamik für die sensible Musik maßgeschneidert, das Raumambiente breit und tief ausgeleuchtet.

Nahezu sämtliche Stücke reflektieren persönliche Beziehungen, aber auch das Verhältnis zu Leben und Tod – keine Angstmacherei, vielmehr hoffnungsvolle Zuwendung zu unabwendbaren Themen, transformiert in mystisch-psychedelische Sequenzen, verträumte Melodien, die zum Chillen einladen und betörende Chor-Passagen, die schwebend im Raum zu stehen scheinen, um von sonnigem Brasil-Touch (!) abgelöst zu werden.

Kristin Asbjørnsen „Hjemveier“ Cover
Kristin Asbjørnsen mit „Hjemveier“ erscheint bei Kirkelig Kulturverksted / Indigo als CD oder online, zum Beispiel auf qobuz.de

Der Titelsong bringt es beinahe schon stellvertretend für die anderen Stücke auf den Punkt: Eine Art Nach-Hause-Kommen, „ein hoffnungsfroher Song über das Zurückblicken und gleichzeitig die Neugierde, das Sehnen auf das Neue“, so Kristins Interpretation. Die Musik trägt das mit nobler Finesse, dezent angereichert mit der zart besaiteten afrikanischen Kora.

„Miste“ lädt dann ein mit mystischem Flair, psychedelisch durchwärmt: sich fallen lassen und träumen…
„Lofte“ betrachtet neues Terrain, neue Situationen – der hinreißende Chor nimmt einen dabei beherzt mit auf die Reise. Und „Bortenfor Vi“ löst gegen Ende des Albums das bereits erwähnte sonnige Versprechen von Heiterkeit mit brasilianischen Vibes ein.

Bewertung

Kristin Asbjørnsen
„Hjemveier“
2024/08
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

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Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.