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Goldnote Firmengebäude
Elegantes Gebäude unter strahlendem italienischen Himmel: LowBeats war zu Besuch bei Goldnote (Foto: A. Eichelsdörfer)

Der Klang Italiens – zu Besuch bei Gold Note

Die Toskana steht für erlesene Weine, exquisites Essen und traumhafte Landschaften. Aber hier finden wir auch feinste Handwerkskunst. Egal ob es sich um Textilien, Leder, Edelmetalle oder Glas handelt, diese Produkte genießen einen hervorragenden Ruf auf der ganzen Welt. Es ist also nicht verwunderlich, dass auch hochwertige und audiophile Produkte aus dieser Gegend stammen. Etwa 40 Autominuten von Florenz entstehen feinste Plattenspieler, moderne Streaming-Amps und Lautsprecher von skulpturaler Schönheit. LowBeats Autor Andreas Eichelsdörfer war zu Besuch bei Gold Note.

Gold Note ist seit Anfang 2024 im deutschen Vertrieb der Besser Distribution. Besser? Der Branchenkenner horcht auf. Dahinter steckt Udo Besser, Chef und Mastermind bei AVM. Er und sein Team der Besser Distribution kümmern sich um den Vertrieb der eigenen AVM-Produkte, der PMC-Lautsprecher aus England und um Prima Luna mit den Röhrenverstärkern aus Italien. Und jetzt ist mit Gold Note eine weitere, namhafte Marke hinzugekommen.

Udo Besser
Udo Besser hat erst vor kurzem seinen Vertrieb umgeschichtet und auch seine Hauptmarke AVM in die Besser Distribution eingegliedert. Gold Note ist trotz der kurzen Zugehörigkeit gleich die Nummer 2 in Umsatz und Anzahl (Foto: A. Eichelsdörfer)

Zu Besuch bei Gold Note: auf nach Montespertoli

Der Firmensitz liegt wie gesagt etwa 40 Autominuten von Florenz entfernt. Erst kürzlich ist man in ein neues Gebäude gezogen, das eigentlich nicht neu ist. Zuvor residierte hier ein Hersteller für Poolmöbel, aber an der Hausfront thront jetzt unübersehbar der Gold-Note-Schriftzug. Bereits von außen kann man einen Swimmingpool im Erdgeschoß erspähen. Der stammte noch vom Vorgänger, der seine Pool- und Terrassenmöbel so in einer passenden Umgebung präsentieren konnte. Jetzt dient der Pool zur Abkühlung an heißen Sommertagen und wird zusätzlich für Veranstaltungen genutzt.

Das Gebäude bietet etwa 2000 m² Innenfläche, aufgeteilt in verschiedene Bereiche: Lager, Logistik und die Eingänge befinden sich im Erdgeschoss,  im 1. Stock sind  Fertigung, Forschung und Entwicklung und Büros untergebracht. Darüber hinaus gibt es im Freien weitere große eingezäunte Flächen, die Gold Note zum Lagern von Teilen nutzt, die draußen bleiben können. Das Lager befindet sich zwischen zwei großen Toren. Über Tor Nummer 1 gehen Waren rein, über Tor Nummer 2 verlassen die fertigen Produkte das Haus. Diese Einbahnstraßenregelung sorgt für mehr Effizienz, aber dazu später mehr.

Circa 10.000 Produkte werden bei Gold Note in Montespertoli jährlich produziert. Darunter auch etliche Tonabnehmer und Kabel. Selbst die Kabel tragen bei Gold Note eine Seriennummer, um deren Echtheit zu garantieren.

Am Eingang werden wir von Tommaso Dolfi empfangen. Er stellt sich nur als Tom vor, was nebenbei bemerkt, auch gut zu seinem hervorragenden und nahezu akzentfreien Englisch passt. Er wird uns durch das Gebäude führen. Den Chef und Firmengründer Maurizio Aterini bekommen wir erst später zu Gesicht.

Goldnote-Entwicklung
Tommaso „Tom“ Dolfi erklärt, wie bei der Entwicklung Teile aus einem 3D-Drucker zum Einsatz kommen. Im Hintergrund stehen zwei Prototypen des Plattenspielers T-5 (Foto: A. Eichelsdörfer)

Die Führung startet im großen Konferenzraum, der auch eine üppig ausgestattete Gold-Note-Anlage und ein bequemes Sofa beherbergt. Vor dem Konferenzraum an der Wand hängt das Markenzeichen von Gold Note, die sogenannte Bucina. Dabei handelt es sich um ein hornartiges Blasinstrument, wie es beim Militär im alten römischen Reich zum Einsatz kam. Der militärische Aspekt bei diesem ungewöhnlichen Instrument ist kaum zu übersehen: Der lange Stab, der zum Halten des Instruments dient, endet unten in eine Art Dolch. Ein ziemlich martialisches Instrument.

Gold-Note-Bucina
Die Bucina, das Markenzeichen von Gold Note, war ein meist militärisch genutztes Instrument aus dem antiken Rom (Foto: A. Eichelsdörfer)

Kurze Wege sind gut, keine noch besser

Viele HiFi-Manufakturen haben mal klein angefangen. So auch Gold Note. Im Lauf der Jahre wuchs das Unternehmen organisch. Neue Produktlinien kamen hinzu, die Prozesse mussten den Linien angepasst werden. Eine Herausforderung für Lager, Fertigung und Logistik. Dabei entsteht immer ein gewisser Wildwuchs, unter dem Effizienz und Qualität leiden. Um sich neu zu ordnen, holte Gold Note Hilfe von außen, ein Experte aus der Automobilindustrie sollte es richten – und der hat den Laden ordentlich umgekrempelt.

Goldnote-Lager
Von wegen „kleiner“ Highender: Gold Note ist der einzige HiFi-Vollsortimenter in Italien, dementsprechend üppig ist der Output (Foto: A. Eichelsdörfer)

Noch ist nicht alles umgesetzt, aber die neue Struktur steht. Tom startet mit uns die Factory-Tour im Lager. Wie zuvor beschrieben, hat es das Prinzip einer Einbahnstraße. Die Waren kommen rein und werden in die entsprechenden Regalplätze gebracht. Soll nun zum Beispiel ein Plattenspieler assembliert werden, schnappt sich ein Mitarbeiter ein speziell für dieses Modell gefertigtes Cart. Dabei handelt es sich um eine Art mobiles Regal auf Rollen. Damit fährt der Mitarbeiter das Lager ab und packt dabei alles, wirklich alles, was für den Zusammenbau des Plattenspielers (oder eines anderen Gerätes) benötigt wird, in dieses Cart – von der kleinsten Schraube bis zur Abdeckhaube.

Goldnote-Cart
Die Carts werden im Lager mit allen notwendigen Bauteilen bestückt. Jedes Gold-Note-Gerät hat sein eigenes Cart (Foto: A. Eichelsdörfer)

Für jedes Modell, das bei Gold Note gefertigt wird, gibt es ein eigenes Cart. Ist das Cart fertig gepackt, wandert es in die Fertigung in den ersten Stock. In der großen Halle befinden sich modellspezifische Arbeitsplätze, wo die einzelnen Geräte assembliert werden. Der Mitarbeiter, der jetzt den Plattenspieler zusammenbaut, bekommt das Cart an seinen Platz geschoben. Nun hat er alle Bauteile und alle benötigten Werkzeuge in Griffweite. Er kann sich so voll auf seine Arbeit konzentrieren und wird nicht durch die Suche nach der richtigen Schraube oder der passenden Zange unterbrochen oder abgelenkt. Das Prinzip ist so faszinierend wie einfach, aber die Umsetzung war eine große Herausforderung, wie Tom uns erzählt.

Die Produktion im Blick

An der Wand hängt ein großer Monitor, auf dem der Status der einzelnen Fertigungsstationen zu sehen ist. Hier kann man ablesen, ob die Bestellungen nach Plan abgearbeitet werden oder man ins Hintertreffen gerät. Das diene nicht der Kontrolle der Mitarbeit, erklärt Tom, sondern hilft mehr bei der Aufdeckung von Problemen. Hier kommt wieder der Effizienzgedanke aus der Automobilindustrie zum Vorschein.

Goldnote-Burn-In-CD-10
Alle Geräte bei Gold Note werden einem langen Burn-In-Test unterzogen – hier der CD-Player CD 10 (Foto: A. Eichelsdörfer)

Wir können zusehen, zumindest für ein paar Minuten, wie an einem Arbeitsplatz ein Mediterraneo X entsteht. Dieser Plattenspieler ist technisch wie optisch ein Leckerbissen. Das Chassis besteht aus einer massiven Platte aus Aluminium, die mit einer 3 mm dicken Edelstahlplatte verbunden ist. Die untere Basis wird aus massivem Nussbaumholz gefertigt, das natürlich aus Italien stammt. Die geschwungene Form orientiert sich an der Kettenlinie. Diese Form lässt sich an einer durchhängenden Kette beobachten und wurde bereits von Michelangelo und Galilei in ihren Werken verwendet, da diese Struktur Bauwerken maximale Festigkeit verleiht.

Goldnote-Entwicklung-Tonarm
Hier zeigt Tom einen Prototyp des B-7 Ceramic, bei dem Materialien wie Aluminium, Keramik und Titan verbaut werden (Foto: A. Eichelsdörfer)

Analog gilt das für die hölzerne Basis des Mediterraneo X. Hier treffen Kunst und Forschung aus der Renaissance auf moderne Technologie. Der Plattenspieler bietet ausgewöhnliche Funktionen, wie das über ein Touchdisplay einstellbare Drehmoment, mit dem der Motor den massiven und 7 Kilo schweren Plattenteller antreibt. Ein integrierter Timer erfasst die Nutzungszeit des Tonabnehmers.

Auf ein Wort mit dem Chef

Nach der Werksbesichtigung bleibt noch Zeit für ein ausführliches Gespräch mit dem Gold-Note-Chef Maurizio Aterini. Seine Leidenschaft für Musikwiedergabe entdeckte Maurizio, als sein Vater eines Abends mit einer Stereoanlage nach Hause kam. Da war Maurizio gerade mal acht Jahre alt. Später studierte er Maschinenbau und begann 1992 mit der Entwicklung und dem Verkauf eines Röhrenresonators/-kühlers für die amerikanische General-Electric-Gruppe, die damals unter dem Namen National auch Röhren für Audio- und Zivilanwendungen herstellte. Das italienische Büro befand sich in Florenz. Der Röhrenresonator trug den Namen Midas. Maurizio hatte den Midas-Röhrenresonator später auch in den Gold-Note-Katalog aufgenommen, aber die Herstellung wurde zu teuer und die Produktion eingestellt.

Maurizio-Aterini
Maurizio Aterini. hat Gold Note in 30 Jahren vom OEM-Zulieferer zu einem der ambitioniertesten High-End Hersteller Italiens geformt (Foto: A. Eichelsdörfer)

Zunächst blieb man als OEM-Hersteller im Verborgenen. Ausgehend von der OEM-Erfahrung produzierte Gold Note einigen Produktlinien wie der Line 7, die aus aus CD-Player, DAC, Verstärkern und der Phono-Vorstufe bestand, welche als „Mutter“ des heute erfolgreichsten Gold Note-Produkts gilt, dem Phono-Preamp PH-10. Gleichzeitig begann Maurizio gemeinsam mit seinem Chefdesigner Stefano Bonifazi Plattenspieler zu konstruieren. Die Top-Modelle Bellagio Conquest und Bellagio Reference sind noch immer erhältlich.

Heute arbeiten insgesamt neun Entwickler bei Gold Note. Laut Maurizio sind die Bereiche Digital und Elektronik am herausforderndsten, deshalb sind hier fünf Entwickler beschäftigt. Zwei kümmern sich um die Mechanik, zwei um die Entwicklung der Lautsprecher.

Goldnote-Entwicklung
Berührungsängste kennt man bei Gold Note nicht und lässt Journalisten sogar in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung (Foto: A. Eichelsdörfer)

Auf unsere Nachfrage, ob die analoge Musikwiedergabe noch immer im Fokus bei der Ausrichtung von Gold Note liegt, antwortet Maurizio Aterini: „Wie ich vorher bereits erwähnte, ist Gold Note sicherlich für seinen PH-10 bekannt. Er ist einer der ersten Phonostufen, bei der man alle Parameter ändern konnte, ohne die Musikwiedergabe anzuhalten, und es war das erste Gerät, das das Konzept des Vinyl-EQ-Kurven wieder einführte. Da entsteht leicht der Eindruck, wir würden uns hauptsächlich auf die analoge Wiedergabe fokussieren. Aber Gold Note ist im Grunde genommen ein Full-Range-Audio-Spezialist, denn in mehr als 20 Jahren Arbeit als OEM/ODM für eine große Anzahl High-End-Audio- und HiFi-Unternehmen haben wir in allen Bereichen großartige Erfahrungen gesammelt. So können wir analoges und digitales HiFi entwickeln und sind auch in der Lage, Zubehör entwerfen.

Zum Abschluss das große Besteck

Nach unserem Gespräch mit Maurizio blieb zum Glück noch etwas Zeit zum Musikhören. Wann hat man schon die Gelegenheit, einer XS-85 zu lauschen? Diese Schönheit bringt stolze 90 Kilogramm auf die Waage und kostet 40.000 Euro – pro Stück. Die Seitenteile sind mit echtem Blattgold veredelt. Das passt ideal in eine toskanische Villa. Für deutsche Wohnzimmer gibt es sie auch in edlem Nussbaumholz oder schwarzem Klavierlack.

Gold Note Anlage
Die große Gold-Note-Anlage um die XS-85 war auch auf der HIGH END 2024 zu sehen und zu hören (Foto: A. Eichelsdörfer)

Über die güldene Optik kann man streiten, aber klanglich war das Ganze ein großer Genuss und verstärkt die Vorfreude, auf das, was da noch aus Montespertoli kommt. Vielleicht ja auch zu etwas zivileren Preisen…

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